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Infos über die griechische Sprache von Conlingua

GRUNDDATEN

 

Name

Auf Altgriechisch heißt die griechische Sprache «Hellenikè glôssa».

              

Sprachgeschichte 

Das Griechische stammt, wie das Lateinische und Deutsche, von der indoeuropäischen (= indogermanischen) Ursprache ab. Die ältesten Schriftzeugnisse des Griechischen sind aus dem 17. Jahrhundert vor Christus erhalten (mykenischer Dialekt in der Silbenschrift Linear B). Von Griechenland ausgehend breitete sich die Sprache durch Kolonisation an alle Küsten des Mittelmeers und Schwarzen Meers aus und wurde besonders im westlichen Kleinasien und ganz Unteritalien dominant. Mit dem epischen Autor Homer beginnt im 8. Jh vChr die literarische Produktion des Griechischen. Die meisten der einflussreichsten Werke wurden in der klassischen Zeit (5./4.Jh vChr) in attischem und ionischem Dialekt geschrieben. Seit Alexander dem Großen breitete sich in den von ihm eroberten Gebieten (vor allem ganz Griechenland, Kleinasien, Ägypten) ein hauptsächlich auf dem Attischen beruhendes vereinheitlichtes Griechisch, die sogenannte Koiné, aus, das die bisherige griechische Dialektvielfalt weitgehend verdrängte und sich auch gegen das Lateinische behaupten konnte, als Griechenland dem römischen Reich einverleibt war. Griechisch (in der Form von Koiné, Attisch und Homerisch) wurde zur Bildungssprache im gesamten römischen Reich. Die Koiné ist auch Sprachform der Septuaginta (griechische Übersetzung des Alten Testaments, 3./2.Jh vChr) und des Neuen Testaments. Als Altgriechisch bezeichnet man die bis zum Ende der Antike (5.Jh) existierenden Sprachformen; danach hat sich die Sprache über das Mittelgriechische zum Neugriechischen weiterentwickelt. Der Unterschied zwischen Altgriechisch und Neugriechisch ist größer als der zwischen Althochdeutsch und Neuhochdeutsch. Heutzutage ist in Griechenland neben der Volkssprache (Dimotikí) in manchen Bereichen der Literatur noch die konservative Hochsprache Katharévusa im Gebrauch, die stärker am Altgriechischen orientiert ist. Wer Altgriechisch gelernt hat, kann von der Dimotikí nur einzelne Wörter, die geschriebene Katharévusa aber großenteils verstehen. — Altgriechisch wird auch heute noch jedes Jahr von Zehntausenden von Menschen gelernt.

 

 

Wichtige Dialekte/Varianten

— Mykenisch (Frühgriechisch, 17.–12.Jh vChr);

— dorisch-nordwestgriech. Dialekte: u.a. Dorisch (Sprache der Chorlyrik);

— äolische Dialekte: u.a. Lesbisch (lyrische Werke);

— arkadisch-kyprische Dialekte;

— ionisch-attische Dialekte: u.a. epischer Dialekt (ionisch-äolische Kunstsprache der Epen Homers im 8.Jh vChr und seiner Nachahmer in den folgenden Jahrhunderten), Ionisch (z.B.Geschichtsschreibung des Herodot), Attisch (in Prosa und Drama literarisch produktivster Dialekt; Blütezeit 5.–4.Jh vChr);

— Koiné (auf überwiegend attischer Grundlage entstandene gemeingriechische Volkssprache; u.a. Sprache des Neuen Testaments und der Septuaginta; Ende 4.Jh vChr – Mitte 6.Jh nChr);

— Katharévusa (am attischen Griechisch des 5.Jh vChr orientierte Hochsprache; seit 1.Jh vChr, mit geringen Veränderungen bis heute im Gebrauch).

 

 

BESONDERHEITEN DES SPRACHSYSTEMS

 

Rechtschreibung

Regelmäßig; wird mit dem leicht erlernbaren griechischen Alphabet geschrieben (27 Buchstaben, von denen 3 im Attischen nur noch als Zahlzeichen dienen).

 

Lautsystem

Der besondere Wohlklang des Altgriechischen wurde von den Römern gerühmt und ist auch sprachstatistisch plausibel (u.a. hoher Anteil an Vokalen und vokalisch auslautenden Silben). Im klassischen Attisch gab es 5 Kurzvokale, 7 Langvokale, 9 Kurzdiphthonge, 11 Langdiphthonge, 19 Konsonanten (wovon die meisten in einer kurzen und einer langen Variante vorkommen); die Zahl der Laute (Phoneme) und viele andere Einzelheiten der Originalaussprache sind jedoch umstritten und je nach Dialekt und Zeit verschieden. Die heutige Schulaussprache ist vom Original sehr weit entfernt und stellt nicht mehr als eine an deutschen Aussprachegewohnheiten orientierte Sprechbarmachung des Geschriebenen dar.

Deklination

Das Deklinationssystem (Abwandlung der Substantive, Adjektive, Pronomen, Zahlwörter) ist zwar ähnlich umfangreich wie das des Lateinischen, die einzelnen Formen jedoch funktional eindeutiger. Außer den im Deutschen vorhandenen vier Kasus gibt es einen Vokativ. Neben dem Singular und dem Plural hat das Griechische einen Dual für paarweise auftretende Personen und Sachen.

Konjugation

Das Konjugationssystem (Abwandlung der Verben) bereitet erheblichen Lernaufwand, denn es gehört zu den umfangreichsten aller Sprachen der Welt. Ein vollständiges Verb bildet 690 Formen, bestehend aus 361 Konjugationsformen mit Personalendung + 12 Infinitiven + 14 Partizipien zu je 22 oder 23 Deklinationsformen. Im Unterschied zum Lateinischen und Deutschen sind die Verbformen ganz überwiegend einfache Ein-Wort-Formen (wie «lief»), nur 63 sind Mehr-Wort-Umschreibungen (wie «ist gelaufen»).

Das griechische Verb hat ein sehr einfaches Tempussystem mit nur zwei echten Zeitstufen (Gegenwart und Vergangenheit), dafür aber unterscheidet es vier Aspekte (Entwicklungsstadien des Vorgangs im Vergleich zu einem Bezugsvorgang): Unabgeschlossenheit (Imperfektiv), Abgeschlossenheit (Perfektiv, genannt «Aorist»), Ergebnisphase (Resultativ) und Erwartungsphase (Prospektiv, meist «Futur» genannt). Dieses Aspektsystem ähnelt dem des philippinischen Tagalog. Das Verb verfügt über die üblichen drei Personen, hat aber drei Numeri (Singular, Dual, Plural), drei Diathesen (Aktiv, Passiv, Medium) und vier Modi (Indikativ, Konjunktiv, Optativ, Imperativ). Vergangenheitsformen, Infinitive und Partizipien fungieren als zusätzliche Modi.

Das Lernen wird dadurch erschwert, dass die meisten Konjugationskategorien traditionell irreführende oder nichtssagende Bezeichnungen haben (so heißt das Imperfektiv nur in seinen Vergangenheitsformen «Imperfekt», in den anderen Formen aber absurderweise «Präsens», obwohl die meisten auch für Vergangenheit oder Zukunft gebraucht werden; das Resultativ wird «Perfekt» genannt, jedoch meistens für die Gegenwart verwendet; «Aorist» bedeutet «undefinierbar»; der Optativ entspricht funktional und etymologisch dem deutschen Konjunktiv, während umgekehrt für den griechischen Konjunktiv die Bezeichnung Optativ = Wunschmodus passender wäre; usw.).

Worbildung

Zur Bildung neuer Wörter verfügt die Sprache über so umfangreiche Mittel der Komposition (Wortzusammensetzung) und Derivation (Wortableitung), dass die Sprache allen Anforderungen der entstehenden Wissenschaften und der sich ändernden Gesellschaft problemlos gewachsen war (und selbst heute noch gewachsen wäre).

Syntax

Im Satzbau zeigt das Altgriechische die größte Flexibilität, die jemals eine europäische Sprache besessen hat. Nebensätze können nicht nur mit Subjunktion oder Relativpronomen angeschlossen werden: Partizipkonstruktionen können fast jede Art von Nebensatz vertreten, wobei das Sinnverhältnis zum Hauptsatz mittels Partikeln verdeutlicht werden kann. Nebensätze können ebenso durch Infinitivkonstruktionen gebildet werden, die auch in Substantiv-ähnlicher Funktion gebraucht und mittels Artikel und Präpositionen funktional in den Hauptsatz eingegliedert werden können. Wie die anderen Verbformen, so sind auch Partizipien und Infinitive fähig, Aspekte und Diathesen und sogar den irrealen Modus zum Ausdruck zu bringen. Kasusendungen und Kongruenz (= Formübereinstimmung zwischen zusammengehörigen Wörtern) ermöglichen eine relativ freie Wortstellung.

Artikel

In seiner älteren Phase besaß das Griechische, wie alle anderen indoeuropäischen Sprachen, noch keinen Artikel. In der Zeit nach Homer erfand das Griechische den bestimmten Artikel, der vom Vulgärlatein und den germanischen Sprachen erst später unter griechischem Einfluss eingeführt wurde. Mithilfe der Position des bestimmten Artikels gelingt es dem Altgriechischen als einziger Sprache, die identifizierenden von den prädikativen (= neue Information einführenden) Attributen zu unterscheiden, wodurch das Textverständnis sehr erleichtert wird. Zum anderen zeigt der Artikel eine Substantiv-ähnliche Verwendung von Wörtern aller Wortarten und beliebigen Wortverbindungen an.

Metrik

Das altgriechische Lautsystem ermöglicht die Unterscheidung von langen und kurzen Silben; auf dieser Grundlage entwickelte sich die Metrik der poetischen Texte, die eine praktisch unbegrenzte Vielfalt an Versmaßen ermöglichte – ein weltweit einzigartiges Phänomen (die Metrik des Lateinischen ist eine mühsame Nachahmung der griechischen; die Metrik des Altindischen ist ursprungsverwandt mit der griechischen, aber weniger hoch entwickelt).

 

 

BEMERKENSWERTE LITERATUR

 

Die griechischen Werke, die uns aus der Zeit 8. – 4.Jh vChr überliefert sind, zählen größtenteils zur Weltliteratur, vor allem die epische Dichtung von Homer (Ilias, Odyssee) und Hesiod, die Tragödien von Aischylos, Sophokles und Euripides, die Komödien von Aristophanes, die Geschichtsschreibung von Herodot, Thukydides und Xenophon, die philosophischen Werke von Platon und Aristoteles; auch die Fabeln des Äsop (= Aisopos/ Aesopus) sind zu erwähnen. Das bedeutendste Werk aus späterer Zeit ist die Bibel: das Alte Testament unter dem Namen «Septuaginta» (griechische Übersetzung des teils verloren gegangenen hebräischen Originals) und das Neue Testament (griechisches Original); die Bibel ist das meistgelesene und in die meisten Sprachen übersetzte Buch aller Zeiten.

 

 

WARUM ES SICH LOHNT, DIESE SPRACHE ZU LERNEN

 

Die altgriechische Sprache bietet eine weltweit einzigartige Kombination aus Wohlklang (Lautsystem, Metrik) und Reichtum an Ausdrucksmöglichkeiten (Wortschatz, Grammatik). Daher ist die Sprache schon um ihrer selbst willen unbedingt lernenswert, wenn auch besonders das Lernen der Grammatik erhebliche Zeit und Mühe erfordert. Griechisch ist schwieriger zu erlernen als Latein, aber wegen größerer Eindeutigkeit leichter zu übersetzen. Die griechische Literatur ist, mehr als die Literatur irgendeines anderen Volkes, von fundamentaler Bedeutung für die europäische und globale Geistesgeschichte, und ihre Botschaft spricht auch den heutigen Menschen noch an. Nicht zuletzt hilft die Kenntnis dieser Sprache auch zum Verständnis der zahlreichen griechischen Fremdwörter, die (besonders im wissenschaftlichen Bereich) in alle europäischen Sprachen übernommen wurden.

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